Die Reform des Verkehrszentralregisters, Teil 2

20ceb7d5.mDies ist der zweite Teil meines Beitrags über das neue Fahreignungsregister. In diesem Teil  geht es vor allem um die Regelungen im Übergangszeitraum. Vorab noch einmal zur Erinnerung: Das neue Fahreignungsregister tritt zum 1. Mai 2014 in Kraft. Bis dahin läuft alles weiter wie gehabt. Was aber passiert dann mit den Punkten? Ist es sinnvoll, bis dahin noch irgendetwas zu tun?

Grundsatz:

Eintragungen werden per 1. Mai 2014 vom alten in das neue Punkteschema umgerechnet, und zwar

1 – 3 Punkte (alt):      1 Punkt (neu)

4 – 5 Punkte (alt):      2 Punkte (neu)

6 – 7 Punkte (alt):      3 Punkte (neu)

8 – 10 Punkte (alt):     4 Punkte (neu)

11 – 13 Punkte (alt):   5 Punkte (neu)

14 – 15 Punkte (alt):   6 Punkte (neu)

16 – 17 Punkte (alt):   7 Punkte (neu).

Ausnahme:

Es gibt ab dem 1. Mai 2014 keine Eintragung mehr für Verstöße, die keine unmittelbare Bedeutung für die Verkehrssicherheit haben. Zu diesen Verstößen zählt z. B. das Unberechtigte Befahren einer Umweltzone oder Verstöße gegen Kennzeichenregelungen. Alte Punkte, die auf solchen Verstößen beruhen, werden auch nicht umgerechnet, sondern entfallen ganz. Dies gilt auch bei Straftaten, die im Straßenverkehr begangen wurden, aber mit der Verkehrssicherheit nicht direkt in Zusammanhang stehen, z. B. Beleidigung, § 185 StGB.

Ist es sinnvoll, jetzt etwas zu tun?

Vor Aktionismus warne ich. Im Zweifelsfall tun Sie sich keinen Gefallen, wenn Sie z. B. jetzt noch schnell ein Aufbauseminar besuchen. Wir erinnern uns: Ab dem 1. Mai 2014 kann man innerhalb von fünf Jahren nur noch einmal insgesamt einen Punkt abbauen (siehe Teil 1 dieses Beitrages). Bis dahin können Sie bis zu vier Punkten abbauen.

Der ADAC empfiehlt auf seiner Homepage, man solle sich einen „umfangreichen Rabatt nach altem Recht durch rechtzeitige Teilnahme sichern„. Diesem Rat kann ich mich nur sehr bedingt anschließen. Bedenken Sie, dass die Umrechnung sich indirekt auch auf den Rabatt auswirkt. Haben Sie nach derzeitigem Recht mehr als 8 Punkte, können Sie sowieso nur noch 2 Punkte abbauen, was nach der Umrechnung einem Punkt entspricht. Das wird sich kaum jemals lohnen – außer wenn Sie darauf aus sein sollten, mit blütenweißer Weste in das neue Fahreignungsregister zu starten..

Nur wenn Sie derzeit zwischen 4 und 8 Punkten haben, könnte sich ein Aufbauseminar für Sie wirklich lohnen. Dadurch würden Sie nämlich 4 Punkte abbauen, was immerhin 2 Punkten nach neuer Rechnung entspricht und zu einer merklichen Reduzierung der Punktezahl führen würde. Bei weniger als 4 oder mehr als 8 Punkten hingegen können Sie den Ratschlag des ADAC getrost ignorieren und das Geld für das Aufbauseminar sparen.

Welches Verhalten ist sinnvoll bei Verstößen vor dem 1. Mai 2014?

Etwas verzwickter ist die Frage, welches Recht bei aktuellen Verstößen günstiger ist. In diesem Fall lohnt es sich unter Umständen, etwas genauer nachzurechnen. Ob ein Verstoß nach altem oder neuem Recht behandelt wird, hängt nämlich davon ab, wann er eingetragen wird. Das wiederum hängt in der Regel davon ab, wann der Verstoß rechtskräftig wird.

Die Anwaltauskunft des Deutsche Anwaltvereins (DAV) stellt dazu auf ihrer Homepage fest: Jemand, der bisher noch keine Punkte auf dem Konto hat, sollte sich um eine Eintragung möglichst vor der Gesetzesänderung bemühen, vorbelastete Autofahrer sollten sich hingegen um eine Eintragung nach neuem Recht bemühen. Dies lässt sich erreichen, indem man Einspruch einlegt und so die Rechtskraft bzw. die Eintragung über den 1. Mai 2014 hinausschiebt.

Eine kritische Einschätzung der neuen Regelungen folgt im dritten und letzten Teil dieses Beitrages.

 

 

Die Reform des Verkehrszentralregisters, Teil 1

Neues Bewertungssystem

Wichtig für alle Autofahrer: Am 1. Mai 2014 tritt das neue Bewertungssystem für Verkehrsteilnehmer in Kraft. Dies ist der erste Teil einer Reihe von Beiträgen, mit denen ich einen kurzen Überblick über die wichtigsten Änderungen geben möchte. Diesen Service biete ich erstmals in Kooperation mit www.bussgeldkatalog.org an. Weitere nützliche Infomationen finden Sie dort, wenn Sie dem link folgen.

Neue Bezeichnungen

Als erstes gilt es, sich an neue Bezeichnungen zu gewöhnen: Was bisher Verkehrszentralregister hieß, heißt ab dem 1. Mai 2014 Fahreignungsregister; was bisher kompliziert Mehrfachtäter-Punktsystem hieß, heißt dann genauso kompliziert Fahreignungs-Bewertungssystem. Praktische Bedeutung für die Verkehrsteilnehmer haben diese Änderungen nicht. Das war deshalb auch nur für die Leser zum Aufwärmen, jetzt geht es richtig zur Sache:

Punkte

Es gibt fortan weniger Punkte. Was wie eine Wohltat klingt, ist aber in Wirklichkeit nur eine neue Bewertungsskala: Konnte man im alten System für ein Verkehrsvergehen bis zu 7 Punkte bekommen, sind es jetzt nur noch bis zu 3. Damit korrespondiert nämlich die Höchstgrenze der zu erreichenden Punkte: Wurde die Fahrerlaubnis im alten System mit Erreichen von 18 Punkten entzogen, wird sie es jetzt mit Erreichen von nur 7 Punkten entzogen. Das ist etwa wie bei der Umstellung von der D-Mark auf den EURO: Das Geld wird (eigentlich) nicht weniger, es zählt nur anders.

Tilgungsfristen

Spannender sind die Änderungen bei den so genannten Tilgungsfristen: Früher wurde jeder Eintrag im Verkehrszentralregister nur dann aus dem Register getilgt, wenn innerhalb von zwei Jahren keine weiteren Einträge hinzugekommen waren. Neue Einträge hinderten die Tilgung bis zum Erreichen einer absoluten Tilgungsgrenze von 5 Jahren. Das ändert sich jetzt: Vom 1. Mai 2014 an läuft die Tilgungsfrist für jeden Eintrag unabhängig von sonstigen Einträgen. Die Dauer der Tilgungsfrist beträgt – je nach Schwere des Verstoßes – zwischen 2,5 und 10 Jahren.

Überliegefrist

Hier wird es wirklich kompliziert: Spezialisten kennen die so genannte Überliegefrist des § 29 Abs. 7 StVG. War eine Eintragung tilgungsreif, blieb sie vor ihrer endgültigen Löschung gleichwohl ein weiteres Jahr im Register eingetragen.

Damit sollte verhindert werden, dass ein Eintrag gelöscht würde, obwohl der betreffende Verkehrsteilnehmer bereits vor der Tilgungsreife ein weiteres Vergehen begangen hatte, das die Tilgung gehemmt hätte, wenn die Behörde rechtzeitig davon erfahren hätte. Mit der Überliegefrist sollte also einer gewissen Trägheit innerhalb der Behörden begegnet werden. Dies war regelmäßig insbesondere für anwaltlich vertretene Betroffene ein Grund, die Rechtskraft neuer Entscheidungen zu verzögern: So sollte erreicht werden, dass in der Überliegefrist befindliche Eintragungen endgültig gelöscht würden, bevor es zu einer neuen Eintragung kam.

Mit Wegfall der Tilgungshemmung (s. o.) ist eigentlich auch die Überliegefrist hinfällig geworden. Der Gesetzgeber hat sie gleichwohl beibehalten. Ein Grund hierfür ist nicht ohne weiteres ersichtlich.

Punkteabbau

Bisher konnte man durch den gezielten Besuch von Aufbauseminaren innerhalb von 5 Jahren insgesamt 6 Punkte abbauen und einer drohenden Entziehung der Fahrerlaubnis auf diesem Wege entgegenwirken. Diese Möglichkeit bleibt zwar erhalten, ihre Bedeutung wird aber geringer: Im neuen System kann innerhalb von 5 Jahren nur noch ein Punkt abgebaut werden, also unproportional weniger als bisher. Die dafür erforderlichen Schulungen werden dafür deutlich teurer als sie bisher waren, die Rede ist derzeit von Kosten von etwa 400 Euro.

Im zweiten Teil dieses Beitrags geht es in Kürze weiter mit Übergangsfragen und einer ersten Kritik am neuen System.