Kein Platz für Rassismus

 

Die Fraktion der AfD hat über einen medienbekannten Rechtsanwalt den Frankfurter Oberbürgermeister „abgemahnt“, konkret: ihm ein Schreiben zukommen lassen, mit dem sie Unterlassung (von ihm)  und  Schadenersatz (von der Stadt) verlangt. Der Sachverhalt wurde von der Frankfurter Rundschau hier aufbereitet.

Gegenstand der Auseinandersetzung ist ein Schild an der Haupteingangstür zum Frankfurter Römer. Das Schild trägt die Aufschrift „Respekt!“, in etwas kleinerer Schrift darunter den Schriftzug „Kein Platz für Rassismus“ sowie die Internet-Adresse www.respekt.tv. Das Schild ist kein Einzelfall, sondern Bestandteil einer seit Jahren laufenden Aktion, die von einer gemeinnützigen GmbH initiiert wurde; ein Kooperationspartner ist unter anderem die IG Metall.

Hiergegen wehrt sich die AfD mit der Begründung, der Oberbürgermeister verletze das Neutralitätsgebot. Näheres zum Neutralitätsgebot findet sich hier. Das mutet einigermaßen überraschend an, zumal das missliebige Schild keinerlei direkten Bezug zur AfD aufweist. Man mag nachvollziehen können, dass dieses Schild gerade der AfD nicht passt; allerdings lässt der beauftragte Rechtsanwalt gleichzeitig über Twitter verlautbaren, dass man gegen die oberen zwei Drittel des Schildes gar nichts einzuwenden habe. Die Angabe der Organisation, bzw. ihrer Internetpräsenz, ist es, die die AfD stört. Denn diese Gesellschaft sei „parteiisch“ (O-Ton). Auf deren Internetpräsenz finden sich auch einige Publikationen, die sich mit der AfD beschäftigen.

Aber kann dieser Umstand geeignet sein, Ansprüche gegen die Stadt oder gar deren Oberbürgermeister zu begründen? Das Neutralitätsgebot bezieht sich auf öffentliche Äußerungen von Amtsträgern und begrenzt deren Meinungsfreiheit, soweit „Staatsorgane als solche parteiergreifend zugunsten oder zulasten einer politischen Partei… auf die politische Willensbildung des Volkes einwirken“ (BVerwG 10 C 6.16, oben verlinkt).

Ein solches Einwirken ist der Ausspruch „Kein Platz für Rassisten“ selbst nicht, denn dieser bewegt sich weit innerhalb des demokratischen Grundkonsenses. Das ist der Grund, warum die AfD sich nicht gegen den Ausspruch selbst wehren kann, denn damit würde sie sich nachweislich außerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung stellen.

Spätestens jetzt müsste man sich wundern, warum die AfD gleichwohl die Entfernung des gesamten Schildes und nicht etwa nur des Zusatzes www.respekt.tv verlangt. Völlig unklar ist auch, welcher (wirtschaftliche) Schaden der AfD durch dieses Schild entstanden sein soll, und darüber wollen wir hier auch nicht spekulieren.

Die spannende Frage ist nämlich: Handelt es sich bei dem Zusatz um eine dem Neutralitätsgebot unterliegende Äußerung? Ist das bloße Dulden eines Schildes mit der Angabe einer Internetadresse eine Äußerung, für die das Neutralitätsgebot gelten könnte? Bei allen mir bekannten Auffassungen des Wortes „Äußerung“ muss man diese Frage wohl deutlich mit „Nein“ beantworten, aber warten wir mal ab.

Selbst wenn man diese Angabe trotz allem als Äußerung auffassen wollte, warum sollte sie gerade dem Oberbürgermeister zuzurechnen sein? Da hat ja nicht einfach irgendwer irgendein Schild aufgehängt, sondern immerhin eine gemeinnütziger Gesellschaft im Rahmen einer bundesweiten Initiative. Noch abenteuerlicher wird es, wollte man dem Oberbürgermeister Inhalte der Internetpräsenz dieser Gesellschaft wie eine eigene Äußerung zurechnen, nur weil die Adresse auf einem Schild steht, das im Rathaus hängt.

Bis hierhin haben wir übrigens über die Inhalte dieser Internetpräsenz noch gar nicht gesprochen.