Was ist eigentlich Kinderpornographie i. S. v. § 184b StGB?

 

§ 184b StGB stellt Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften unter Strafe. Er sieht eine Strafandrohung vor von Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren. Die Wortwahl der Vorschrift gibt Anlass zu der Frage, was genau Kinderpornographie ist, und was nicht. Das ist durchaus streitig, denn das Gesetz kennt den Begriff der „Pornographie“ auch andernorts – in § 184 StGBVerbreitung pornographischer Schriften„. Da stellt sich zunächst die Frage, was genau Pornographie eigentlich zu Pornographie macht.

(Erwachsenen-) Pornographie wird allgemein verstanden als „die Vermittlung sexueller Inhalte, die ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes beim Betrachter abzielt und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes überschreitet„.

(Erwachsenen-) Pornographie zeichnet sich danach durch ihren „vergröbernd-reißerischen Charakter“ aus. In der Sprache des Bundesgerichtshofes heißt das: „Pornographisch ist die Darstellunge entpersönlichter sexueller Verhaltensweisen, die die geschlechtleiche Betätigung von personalen und sozialen Sinnbezügen trennt und den Menschen zum bloßen – auswechselbaren – Objekt geschlechtelicher Begierde oder Betätigung macht„. Der Grenzbereich ist wie immer unscharf; für den Hausgebrauch könnte man sagen: Sexdarstellungen nur um ihrer selbst willen sind Pornographie.

Die streitige Frage ist jetzt: Ist das bei Kinderpornographie auch so? Oder liegt die Schwelle zur Pornographie bei Darstellungen von Kindern niedriger?

Das hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 11. Februar 2014 – BGH 1 StR 485/13 – jetzt erstmals entschieden und bejaht. Das Urteil erweitert damit die Anwendung des Begriffes „Kinderpornographie“ erheblich. Dies hat zur Folge, dass wesentlich mehr Verhaltensweisen als bisher unter den Straftatbestand des § 184b StGB fallen werden. Denn der BGH ist der Auffassung, dass es des oben zitierten „vergröbernd-reißerischen Charakters“ der Darstellung bei Kindern nicht bedarf, damit die Darstellung als Pornographie gilt. Die degradierende Wirkung, die sonst Voraussetzung jeder pornographischen Darstellung sei, liege bei der Darstellung von Kindern in aller Regel schon ohne weitere Voraussetzung von vornherein vor. Der Grund für die unterschiedliche Behandlung gegenüber (Erwachsenen-) Pornographie im Sinne des § 184 StGB liege darin, dass § 184b StGB auch die sexuelle Integrität des Kindes schützen solle. Eine „selbstbestimmte Mitwirkung an sexuellen Handlungen“ sei Kindern „per se nicht möglich„.

Ausnahmen gelten laut Bundesgerichtshof nur für solche Bilder, die nicht „auf die Erregung sexueller Reize abzielen„, z. B. Abbildungen in medizinischen Lehrbüchern.

Eine Grauzone dürfte gleichwohl bleiben, insbesondere weil beim so genannten „Posing“ nicht immer eindeutig ist, mit welcher Absicht die Bilder gefertigt wurden. Ob eine Darstellung „überwiegend auf die Erregung sexueller Reize“ abzielt, dürfte im Einzelfall sehr schwer zu beurteilen sein. Hier bieten sich jedenfalls Ansätze für eine Erfolg versprechende Verteidigung.

Auf jeden Fall sollte man sich als Beschuldigter eines Vorwurfes nach § 184b StGB unbedingt durch einen seriösen und erfahrenen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht verteidigen lassen.

 

 

Sexting und § 184 StGB

Wenn Sie eine Vorladung oder Anhörung der Polizei wegen Verbreitung pornographischer Schriften, § 184 StGB, bekommen haben, wissen Sie vielleicht zunächst gar nicht warum. Dies ist eines der Delikte, deren Verfolgung in den letzten Jahren erheblich zugenommen haben. Unter diesen Tatbestand fallen viele Verhaltensweisen, die durch die Verbreitung des Internets und des Smartphones überhaupt erst möglich geworden sind. Man lese hierzu beispielsweise den Beitrag „Erregung im Schattenreich“ in der Ausgabe 15/2014 des „Spiegel“.

Eine dieser Verhaltensweisen ist das so genannte „Sexting“. Jemand fertigt z. B. mittels eines Smartphones pornographische Bilder oder Filme von sich selbst und verschickt diese dann an ausgewählte Personen. Das mag für beide sexuell erregend sein, solange der Empfänger damit einverstanden ist. Ist der Empfänger allerdings nicht damit einverstanden, kann es strafrechtlich relevant werden. Die Anzahl insbesondere derjenigen Frauen, die sich von dieser Form der Anmache eher abgestoßen oder gar beleidigt fühlt, nimmt nämlich rasant zu. Bei vielen liegt der Gedanke nahe, dem Treiben durch eine Strafanzeige bei der Polizei ein Ende zu setzen. Was folgt, ist eigentlich immer ein Strafverfahren – eben wegen der Verbreitung pornographischer Schriften.

Diese Vorschrift umfasste bei ihrer Einfügung zunächst tatsächlich nur Schriften im eigentlichen Sinne, aber vorsicht: Den Schriften stehen Ton- und Bildträger, Datenspeicher, Abbildungen und andere Darstellungen gleich, § 11 Abs. 3 StGB.

Ist man einmal Beschuldigter in einem solchen Verfahren, gibt es zwar eine Reihe von Verteidigungsansätzen, man sollte sich aber auch hier davor hüten, selbst und ohne anwaltliche Beratung tätig zu werden. In fast allen Fällen liegt dem Ermittlungsverfahren die Strafanzeige zugrunde, von der sie nicht wissen, was darin steht. Immer wieder gibt es auch Beschuldigte, die ihre Photos stolz an eine ganzen Reihe von Empfänger(innen) geschickt haben und gar nicht sicher wissen, welcher Fall eigentlich Gegenstand der Ermittlungen ist. Bei Akteneinsicht wundert sich dann mancher, wer von seinen Angebeteten da plötzlich polizeiliche Hilfe in Anspruch genommen hat.

Doppelt dumm, wer da durch eine vorschnelle eigene Erklärung die Polizei erst auf die Spur weiterer Geschädigter bringt.

Nicht zu unterschätzen ist auch die zivilrechtliche Seite dieses Tuns: Der Geschädigte hat praktisch immer eine Unterlassungsanspruch gegen denjenigen, der unverlangt explite Bilder von sich verschickt hat. Beauftragt der Geschädigte einen Rechtsanwalt mit der Geltendmachung seiner Ansprüche, hat man doppelt Ärger, den man nur abwehren kann, indem man selbst einen Rechtsanwalt oder Strafverteidiger beauftragt.

Erstaunlich hoch ist übrigens die Anzahl derjenigen, die behaupten, sich beim Versand der Bilder schlicht bei der Adresse des Empfängers geirrt zu haben. Was für Mausi gedacht war, hat eben versehentlich Maren bekommen. Das liegt zwar nahe, ob Polizei und Staatsanwaltschaft es allerdings jedem auch abnehmen, ist eine andere Frage.

Es lohnt sich – übrigens auch wirtschaftlich –  einen versierten Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht zu konsultieren.