Der Normalfall
Die meisten Menschen zahlen regelmäßig Stromkosten. Zumeist geschieht dies, indem der Nutzer sich bei einem Stromversoger „anmeldet“ und dann monatlich eine Pauschale zahlt, über die der Stromversorger einmal pro Jahr abrechnet. Dies geschieht weitgehend automatisiert mittels Lastschrifteinzug. Die monatlichen Summen sind regelmäßig überschaubar. Am Ende des Abrechnungsjahres gibt es entweder eine Rückzahlung oder eine Nachzahlung.
Der Problemfall
Manchmal aber sehen sich Nutzer mit horrenden Rechnungen ihres Stromversorgers konfrontiert, der plötzlich rückwirkend über mehrere Jahre abrechnet. Über einen längeren Zeitraum können sich hier schnell fünfstellige Summen aufsummieren. Die Erfahrung zeigt, dass dies immer wieder passiert. Hierfür kann es mehrere Gründe geben. Es kommt vor, dass Stromversorger die Abrechnung aufgrund fehlerhafter interner Abläufe jahrelang „vergessen“. Manchmal bestehen zunächst auch Zweifel über die Person des Nutzers. Bis die ausgeräumt sind, vergehen in Einzelfällen meherere Jahre.
Die meisten Betroffenen empfinden es als grobe Ungerechtigkeit, plötzlich für mehrere Jahre im Nachhinein zahlen zu müssen. Ganz abgesehen stellt dies natürlich eine erhebliche wirtschaftliche Belastung dar, der nicht jeder gewachsen ist. Eine Diskussion mit dem Stromversorger ist häufig sinnlos, weil man gar nicht zu den eigentlichen Entscheidungsträgern durchdringt, sondern auf unterer Ebene abgewimmelt wird. Trotzdem sollte man sich wehren, am besten, in dem man einen Rechtsanwalt einschaltet, der mit dem Problem vertraut ist. Achtung: Dies ist eine absolute Spezialmaterie!
Die Rechtslage
Die Rechtslage ist kompliziert und nicht eindeutig geklärt. Kern des Problems ist die Verjährung. Forderungen verjähren in der Regel nach drei Jahren zum Jahresende. Die Frage ist, wann diese Verjährung zu laufen beginnt. Bei Dienstleistern wie Rechtsanwälten oder Steuerberatern ist dies gemeinhin dann, wenn die Leistung erbracht wurde.
Stromanbieter können sich hier jedoch auf eine gesetzliche Privilegierung berufen: Bei ihnen beginnt die Verjährungsfrist nach dem Gesetz nämlich erst dann zu laufen, wenn tatsächlich abgerechnet wurde, also mit Rechnungsstellung. Es ist daher grundsätzlich möglich, das verbrauchter Strom noch jahrzehnte später in Rechnung gestellt wird. Das zumindest behaupten die meisten Stromversorger gegenüber ihren Kunden.
Ganz richtig ist das aber nicht. Denn dieser Priveligierung steht die Verpflichtung des Stromanbieters gegenüber, innerhalb eines einem angemessenen Zeitraums abzurechnen. Dieser Zeitraum wird vom Gesetzgeber unerfreulich unklar umrissen: er solle nämlich „zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten„. Was „wesentlich“ in diesem Sinne bedeutet sagt der Gesetzgeber leider nicht. Ebensowenig hat er geregelt, was eigentlich passiert, wenn diese Frist nicht eingehalten wurde.
Man kann sich aber durchaus auf den Standpunkt stellen, dass der Stromanbieter, der seiner Abrechnungspflicht nicht nachkommt, auch seine Privilegien einbüßt. Die Verjährung würde dann wieder mit Stromverbrauch zu laufen beginnen. Der Verbraucher hätte zumindest die Rechtssicherheit, dass nur für die letzten drei Jahre Rückforderungen verlangt werden könnten.
Rechtsprechung hierzu ist rar. Es lohnt sich daher besonders, einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen. Sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben!