Betrug, Rechtsanwalt und Erfolgshonorar

Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Urteil vom 25.09.2014 – 4 StR 586/13 – den Freispruch gegen einen ehemaligen Rechtsanwalt aufgehoben. Dem Rechtsanwalt wurde unter anderem Wucher und Betrug zu Lasten seines Mandanten vorgeworfen. Diese Entscheidung enthält einige bedenkenswerte Ausführungen zum Erfolgshonorar, die sowohl für Rechtsanwälte als auch für deren Mandanten von Interesse sein dürften.

Der Tenor des Urteils lautet:

„ § 4a Abs. 2 Nr. 1 RVG begründet kraft Gesetzes eine Garantenstellung des Rechtsanwalts, der vor Abschluss einer Erfolgsvereinbarung seinen Mandanten über die voraussichtliche gesetzliche Vergütung aufzuklären hat.“

Ein Rechtsanwalt, der seinen Mandanten nicht über die gesetzliche Vergütung aufklärt, kann sich danach wegen Betruges, § 263 StGB strafbar machen. Ob dies auch bei Abschluss einer normalen Vergütungsvereinbarung gelten soll, oder nur den Fall der Vereinbarung eines Erfolgshonorars betrifft, lässt sich dem Urteil nicht zweifelsfrei entnehmen. Jedenfalls werden Rechtsanwälte bei Abschluss einer Erfolgshonorarvereinbarung in Zukunft auch in strafrechtlicher Hinsicht besonders vorsichtig sein müssen.

Der zugrunde liegende Fall ist einigermaßen skurril.Der betroffene Mandant war minder begabt an der Grenze zur Betreuungsbedürftigkeit. Die erwähnte Honorarvereinbarung bezog sich auf einen Erbanspruch nach Schweizer Recht in deutlich sechsstelliger Höhe. Nach erfolgreicher Durchsetzung des Erbanspruches hatte sich der Rechtsanwalt zweimal von seinem – jetzt vermögenden – Mandanten erhebliche Geldsummen geliehen. In der Zwischenzeit war dem Rechtsanwalt auch noch wegen Vermögensverfalls die Zulassung entzogen worden. Es gab also reichlich weitere Besonderheiten, auf die ich an dieser Stelle aber nicht näher eingehen möchte.

Rechtlich überzeugt das Urteil mich nicht. Der betroffene Mandant war nämlich mit der Leistung des Rechtsanwaltes noch nicht einmal unzufrieden und auch bereit gewesen, das Honorar zu bezahlen. Nur über die Höhe der gesetzlichen Gebühr hatte der Rechtsanwalt ihn eben nicht aufgeklärt.  Wenn das allein ausreichen soll, um eine Betrugsstrafbarkeit zu begründen, gäbe es kaum mehr ein Geschäft, das nicht irgendwie als Betrug zu qualifizieren wäre.

Man kann bei der Lektüre des Urteils zu dem Eindruck gelangen, dass der BGH zu der umfassenden Überzeugung gekommen war, es bei dem Rechtsanwalt mit einem Halunken zu tun zu haben und bei der Rechtsanwendung deshalb möglicherweise nicht mehr ganz so sauber gearbeitet hat. Der Rechtssicherheit tut das nicht gut. Wie sagt ein Kollege immer: „Bad cases make bad law“.

Wo das Urteil aber nun einmal in der Welt ist, werden Rechtsanwälte und Rechtsuchende damit leben müssen. Im Ergebnis dürfte das allerdings dazu führen, dass noch weniger Erfolghonorare vereinbart werden als ohnehin. Bedenkt man, dass der BGH im selben Urteil einen alternativen Stundensatz von EUR 400,00 offenbar für unbedenklich gehalten hat, verliert das Erfolgshonorar angesichts des Strafbarkeitsrisikos für jeden Rechtsanwalt erheblich an Reiz.

Rechtssuchende, die mit ihrem Rechtsanwalt gerne eine Erfolgshonorarvereinbarung abschließen wollen, werden sich darauf gefasst machen müssen, dass der Rechtsanwalt sich dieses (weitere) Risiko (neben dem eigentlichen Haftungsrisiko) zusätzlich vergüten lässt.

 

Die strafbefreiende Selbstanzeige

9b51e018.mIm Rahmen der strafrechtlichen Ermittlungen gegen einen bekannten Sport-Funktionär beschäftigt sich die Presse vermehrt mit der so genannten strafbefreienden Selbstanzeige, § 371 Abgabenordnung (AO). Leider finden sich in der Berichterstattung etliche Irrtümer und Halbwahrheiten.Dieser Artikel dient dazu, Sie über die Rechtslage zu informieren und einige häufige Irrtümer richtig zu stellen.

1. Was ist eine strafbefreiende Selbstanzeige?

§ 371 AO sieht vor, dass der Täter einer Steuerhinterziehung, § 370 AO, unter bestimmten Umständen Straffreiheit erlangen kann. Wer gegenüber dem Finanzamt unrichtige Angaben gemacht hat, kann so der gesetzlichen Strafe entgehen, wenn er

  • seine Angaben vollständig nachholt oder berichtigt und
  • die hinterzogenen Steuern vollständig nachentrichtet.

Wichtigste Voraussetzung ist dabei, dass man sämtliche Erklärungen vollständig nachholt und die daraufhin festgesetzten Steuern innerhalb zumeist eines Monats nachentrichtet. Bleibt die nachgeholte Erklärung für nur einem Abrechnungszeitraum oder eine Steuerart unvollständig, tritt Straffreiheit nicht ein. Gleiches gilt, wenn die hinterzogenen Steuern nicht innerhalb der Frist gezahlt werden.

2. Wann kommt es zu einem Strafverfahren?

Die Selbstanzeige hindert nicht etwa die Einleitung eines Strafverfahrens – im Gegenteil. Gerade im eingangs zitierten Fall des bekannten Fußballfunktionärs war häufig zu hören, es gäbe kein Strafverfahren. Das ist falsch. Gerade aufgrund der Selbstanzeige muss die Staatsanwaltschaft bzw. das Finanzamt für Straf- und Bußgeldsachen ein Strafverfahren einleiten. Nur innerhalb dieses Verfahrens kann überprüft werden, ob die Voraussetzungen der strafbefreienden Selbstanzeige überhaupt vorliegen. Tun sie es, wird das Verfahren wieder eingestellt, und zwar zwingend.

3. Gibt es Summen-Obergrenzen?

Häufig ist zu lesen, dass eine strafbefreiende Selbstanzeige ab einer bestimmten hinterzogenen Steuersumme nicht mehr möglich sei. Das ist nur halb richtig. Die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige ist seit der letzten Gesetzesänderung im Jahre 2011 durch das Schwarzgeldbekämpfungsgesetz nur gegeben, wenn die hinterzogenen Steuern EUR 50.000,00 pro Tat nicht überschreiten. „Tat“ bezeichnet  dabei die Erklärung einer Steuerart in einem Veranlagungszeitraum, also z. B. die Kapitalertragssteuer für das Jahr 2012. Der Betrag von EUR 50.000,00 bezieht sich schließlich nicht etwa die zu erklärenden Einkünfte, sondern die darauf anfallenden Steuern. Die Obergrenze ist also nicht gerade besonders niedrig.

Auch wenn diese Obergrenze überschritten ist, besteht aber die Möglichkeit, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen faktisch straffrei auszugehen. Das nennt das Gesetz dann zwar nicht mehr Straffreiheit, sondern Absehen von Strafe, die Unterscheidung ist aber eine rein formale, und das Ergebnis im Wesentlichen dasselbe. Weitere  Voraussetzung ist allerdings, dass man nicht nur die hinterzogenen Steuern nachentrichtet, sondern hierauf auch noch 5 % Zinsen zahlt.

Im Ergebnis kann somit jeder faktisch ohne Strafe davonkommen. Lediglich der „Preis“ ist unterschiedlich. Das sollte man unbedingt wissen.

4. Wann ist eine strafbefreiende Selbstanzeige zeitlich nicht mehr möglich?

Die Selbstanzeige führt nicht zu Straffreiheit, wenn die Tat – also die Steuerhinterziehung – zum Zeitpunkt der Berichtigung bereits entdeckt war oder der Täter mit seiner baldigen Entdeckung rechnen musste. Letzteres ist nach dem Gesetz seit 2011 spätestens dann der Fall, wenn eine Betriebsprüfung schriftlich angekündigt wurde. Häufig heißt es in diesem Zusammenhang, eine Tat wäre bereits entdeckt in diesem Sinne, wenn sich die Daten des Steuersünders auf einer so genannten „Steuer-CD“ befänden. Das ist falsch. Beides hat nichts miteinander zu tun. Das gilt schon deshalb, weil der Steuersünder nicht wissen kann, ob und welche Daten sich auf einer dieser CDs befinden.

5. Was hat das Deutsch-Schweizerische Steuerabkommen damit zu tun?

Nichts. Richtig ist, dass die CDU/FDP-Regierung einen Gesetzesentwurf eingebracht hatte, der unter bestimmten Umständen eine Amnestie für Steuersünder vorgesehen hätte, die ihr Geld unversteuert in der Schweiz angelegt haben. Das darin vorgesehene Abkommen mit der Schweiz ist jedoch nunmehr endgültig nicht zustande gekommen. Diejenigen, die auf das Zustandekommen des Abkommens gewartet hatten und deshalb bisher auf eine Selbstanzeige verzichtet haben, haben das Risiko ihrer Entdeckung erhöht, sonst nichts.

Fazit

Die Materie ist kompliziert. Wer erwägt, sich selbst anzuzeigen, sollte neben seinem Steuerberater unbedingt auch einen erfahrenen Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht hinzuziehen.

Ist Ihre Stromrechnung zu hoch?

c1a2d11a.mDer Normalfall

Die meisten Menschen zahlen regelmäßig Stromkosten. Zumeist geschieht dies, indem der Nutzer sich bei einem Stromversoger „anmeldet“ und dann monatlich eine Pauschale zahlt, über die der Stromversorger einmal pro Jahr abrechnet. Dies geschieht weitgehend automatisiert mittels Lastschrifteinzug. Die monatlichen Summen sind regelmäßig überschaubar. Am Ende des Abrechnungsjahres gibt es entweder eine Rückzahlung oder eine Nachzahlung.

Der Problemfall

Manchmal aber sehen sich Nutzer mit horrenden Rechnungen ihres Stromversorgers konfrontiert, der plötzlich rückwirkend über mehrere Jahre abrechnet. Über einen längeren Zeitraum können sich hier schnell fünfstellige Summen aufsummieren. Die Erfahrung zeigt, dass dies immer wieder passiert. Hierfür kann es mehrere Gründe geben. Es kommt vor, dass Stromversorger die Abrechnung aufgrund fehlerhafter interner Abläufe jahrelang  „vergessen“. Manchmal bestehen zunächst auch Zweifel über die Person des Nutzers. Bis die ausgeräumt sind, vergehen in Einzelfällen meherere Jahre.

Die meisten Betroffenen empfinden es als grobe Ungerechtigkeit, plötzlich für mehrere Jahre im Nachhinein zahlen zu müssen. Ganz abgesehen stellt dies natürlich eine erhebliche wirtschaftliche Belastung dar, der nicht jeder gewachsen ist. Eine Diskussion mit dem Stromversorger ist häufig sinnlos, weil man gar nicht zu den eigentlichen Entscheidungsträgern durchdringt, sondern auf unterer Ebene abgewimmelt wird. Trotzdem sollte man sich wehren, am besten, in dem man einen Rechtsanwalt einschaltet, der mit dem Problem vertraut ist. Achtung: Dies ist eine absolute Spezialmaterie!

Die Rechtslage

Die Rechtslage ist kompliziert und nicht eindeutig geklärt. Kern des Problems ist die Verjährung. Forderungen verjähren in der Regel nach drei Jahren zum Jahresende. Die Frage ist, wann diese Verjährung zu laufen beginnt. Bei Dienstleistern wie Rechtsanwälten oder Steuerberatern ist dies gemeinhin dann, wenn die Leistung erbracht wurde.

Stromanbieter können sich hier jedoch auf eine gesetzliche Privilegierung berufen: Bei ihnen beginnt die Verjährungsfrist nach dem Gesetz nämlich erst dann zu laufen, wenn tatsächlich abgerechnet wurde, also mit Rechnungsstellung. Es ist daher grundsätzlich möglich, das verbrauchter Strom noch jahrzehnte später in Rechnung gestellt wird. Das zumindest behaupten die meisten Stromversorger gegenüber ihren Kunden.

Ganz richtig ist das aber nicht. Denn dieser Priveligierung steht die Verpflichtung des Stromanbieters gegenüber, innerhalb eines einem angemessenen Zeitraums abzurechnen. Dieser Zeitraum wird vom Gesetzgeber unerfreulich unklar umrissen: er solle nämlich „zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten„. Was „wesentlich“ in diesem Sinne bedeutet sagt der Gesetzgeber leider nicht. Ebensowenig hat er geregelt, was eigentlich passiert, wenn diese Frist nicht eingehalten wurde.

Man kann sich aber durchaus auf den Standpunkt stellen, dass der Stromanbieter, der seiner Abrechnungspflicht nicht nachkommt, auch seine Privilegien einbüßt. Die Verjährung würde dann wieder mit Stromverbrauch zu laufen beginnen. Der Verbraucher hätte zumindest die Rechtssicherheit, dass nur für die letzten drei Jahre Rückforderungen verlangt werden könnten.

Rechtsprechung hierzu ist rar. Es lohnt sich daher besonders, einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen. Sprechen Sie mich an, wenn Sie Fragen haben!

Die Provision des Handelsvertreters

da3bc09b.mIm Zusammenhang mit der Tätigkeit als selbständiger Handesvertreter im Sinne des § 86 Abs. 1 HGB treten immer wieder Probleme mit der Abrechnung der Provisionen auf. Dies gilt insbesondere für Handelsvertreter für Versicherungen oder Finanzdienstleistungen. Hier lohnt es sich, rechtzeitig die Beratung durch einen Rechtsanwalt einzuholen.

Wann fällt eine Provision an?

Gemäß § 87 Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für alle während seines Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte. Da klingt zunächst einfach; der Teufel liegt aber auch hier im Detail. Wann die Provision anfällt, richtet sich nach dem zugrunde liegenden Handelsvertretervertrag. Die jeweilige Regelung hängt dabei davon ab, welche Ware oder Dienstleistung der Handelsvertreter vermittelt. Bei Waren ist dies relativ einfach; hier fällt die vollständige Provision in der Regel mit dem Geschäftsabschluss an. Bei Versicherungen oder Finanzdienstleistungen, die über einen längeren Zeitraum laufen, besteht aber regelmäßig die Gefahr, dass das Geschäft später noch platzt, z. B. weil der Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Deshalb enststeht der Provisionsanspruch hier meist erst nach der so genannten Stornohaftungszeit –  wenn der Kunde alle seine Verpflichtungen vollständig erfüllt hat.

Bevorschussung

Damit der Handelsvertreter auf den Lohn seiner Vermittlungstätigkeit aber nicht jahrelang warten muss, erhält er nach den gängigen Verträgen einen Vorschuss auf seine Provision. Über diese Provision wird abgerechnet, sobald die Stornohaftungszeit abgelaufen ist. Nicht jeder aber weiß, dass dieser Vorschuss dann unter Umständen noch zurückgebucht werden kann. Mit der Abrechnung kommt dann häufig das böse Erwachen.

Böses Erwachen bei Erhalt der Abrechnung

Ist das vermittelte Geschäft nämlich zwischen Abschluss und vollständiger Vertragserfüllung doch noch gescheitert, wird dem Handelsvertreter die ursprünglich gutgeschriebene Provision wieder von seiner Vergütung abgezogen. Der Handelsvertreter kann sich also über die gesamte Laufzeit des von ihm vermittelten Produkts seines Provisionsanspruchs nicht sicher sein. Platzen zahlreiche Geschäfte, kann sich schnell ein beachtlicher Rückforderungsanspruch des Auftraggebers gegen den Handelsvertreter aufbauen. Viele Handelsvertreter schenken diesem Risiko zu wenig Beachtung und geben Geld aus, dass ihnen noch gar nicht endgültig zusteht. Häufig kommt es dann zu Schwierigkeiten, die Rückforderungsansprüche zu bedienen, einfach, weil zu wenig Geld zurückgelegt wurde.

Stornoreserve

Die Auftraggeber decken ihr Risiko dabei meistens mit dem Einbehalt eines Teils der bevorschussten Provision ab, der so genannten Stornoreserve.

Jedem Handelsvertreter kann man nur dringend empfehlen, ebenfalls Rücklagen zu bilden. Außerdem sollten die meist monatlichen Abrechnungen unbedingt auf ihre Richtigkeit überprüft werden! Meist enthält der Vertrag Fristen für etwaige Beanstandungen. Über die Gültigkeit solcher Klauseln wird zwar gestritten, meistens ist dies jedoch ein Scheingefecht. Letztlich geht es aber um die Frage, ob ein Rückforderungsanspruch besteht oder nicht.

Ist dies im Streit, sollten Sie auf jeden Fall einen Rechtsanwalt einschalten, der sich mit der zugrunde liegenden Rechtslage auskennt.