Die Provision des Handelsvertreters

da3bc09b.mIm Zusammenhang mit der Tätigkeit als selbständiger Handesvertreter im Sinne des § 86 Abs. 1 HGB treten immer wieder Probleme mit der Abrechnung der Provisionen auf. Dies gilt insbesondere für Handelsvertreter für Versicherungen oder Finanzdienstleistungen. Hier lohnt es sich, rechtzeitig die Beratung durch einen Rechtsanwalt einzuholen.

Wann fällt eine Provision an?

Gemäß § 87 Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision für alle während seines Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte. Da klingt zunächst einfach; der Teufel liegt aber auch hier im Detail. Wann die Provision anfällt, richtet sich nach dem zugrunde liegenden Handelsvertretervertrag. Die jeweilige Regelung hängt dabei davon ab, welche Ware oder Dienstleistung der Handelsvertreter vermittelt. Bei Waren ist dies relativ einfach; hier fällt die vollständige Provision in der Regel mit dem Geschäftsabschluss an. Bei Versicherungen oder Finanzdienstleistungen, die über einen längeren Zeitraum laufen, besteht aber regelmäßig die Gefahr, dass das Geschäft später noch platzt, z. B. weil der Kunde seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommt. Deshalb enststeht der Provisionsanspruch hier meist erst nach der so genannten Stornohaftungszeit –  wenn der Kunde alle seine Verpflichtungen vollständig erfüllt hat.

Bevorschussung

Damit der Handelsvertreter auf den Lohn seiner Vermittlungstätigkeit aber nicht jahrelang warten muss, erhält er nach den gängigen Verträgen einen Vorschuss auf seine Provision. Über diese Provision wird abgerechnet, sobald die Stornohaftungszeit abgelaufen ist. Nicht jeder aber weiß, dass dieser Vorschuss dann unter Umständen noch zurückgebucht werden kann. Mit der Abrechnung kommt dann häufig das böse Erwachen.

Böses Erwachen bei Erhalt der Abrechnung

Ist das vermittelte Geschäft nämlich zwischen Abschluss und vollständiger Vertragserfüllung doch noch gescheitert, wird dem Handelsvertreter die ursprünglich gutgeschriebene Provision wieder von seiner Vergütung abgezogen. Der Handelsvertreter kann sich also über die gesamte Laufzeit des von ihm vermittelten Produkts seines Provisionsanspruchs nicht sicher sein. Platzen zahlreiche Geschäfte, kann sich schnell ein beachtlicher Rückforderungsanspruch des Auftraggebers gegen den Handelsvertreter aufbauen. Viele Handelsvertreter schenken diesem Risiko zu wenig Beachtung und geben Geld aus, dass ihnen noch gar nicht endgültig zusteht. Häufig kommt es dann zu Schwierigkeiten, die Rückforderungsansprüche zu bedienen, einfach, weil zu wenig Geld zurückgelegt wurde.

Stornoreserve

Die Auftraggeber decken ihr Risiko dabei meistens mit dem Einbehalt eines Teils der bevorschussten Provision ab, der so genannten Stornoreserve.

Jedem Handelsvertreter kann man nur dringend empfehlen, ebenfalls Rücklagen zu bilden. Außerdem sollten die meist monatlichen Abrechnungen unbedingt auf ihre Richtigkeit überprüft werden! Meist enthält der Vertrag Fristen für etwaige Beanstandungen. Über die Gültigkeit solcher Klauseln wird zwar gestritten, meistens ist dies jedoch ein Scheingefecht. Letztlich geht es aber um die Frage, ob ein Rückforderungsanspruch besteht oder nicht.

Ist dies im Streit, sollten Sie auf jeden Fall einen Rechtsanwalt einschalten, der sich mit der zugrunde liegenden Rechtslage auskennt.

Wem nützen Deals?

Der Deal ist dieser Tage in aller Munde.

Urteile des Bundesverfassungsgerichtes vom 19.03.2013

Am 19. März hat das Bundesverfassungsgericht in drei Verfahren entschieden, dass § 257c Strafprozessordnung (StPO) mit der Verfassung vereinbar ist. § 257c StPO regelt die so genannte Verständigung, auch „Deal“ oder „Absprache“ genannt. In den einzelnen Verfahren hatte sich die Gerichte lediglich nicht an prozessuale Voraussetzungen gehalten; insbesondere hatten die Gerichte den Grundsatz des fair trial verletzt. Grundsätzlich aber ist es laut Bundesverfassungsgericht nicht zu beanstanden, dass Gerichte ein bestimmtes Strafmaß verbindlich in Aussicht stellen, wenn der Angeklagte im Gegenzug ein Geständnis ablegt.

Etwas polemisch wird das mancherorts „Handel mit der Gerechtigkeit“ genannt. Das wollen wir mal ausklammern und das Problem an dieser Stelle einmal unter einem weniger dogmatischen Blickwinkel beleuchten: Wem nützen Verständigungen? Dem Rechtsanwalt? Dem Angeklagten? Dem Gericht? Schaden sie möglicherweise auch jemandem?

Grundsätzlich lässt sich dazu folgendes formulieren:

Nützlich für den Angeklagten

Eine Verständigung kann für den Angeklagten von ausgesprochenem Vorteil sein. Das Verfahren wird in der Regel verkürzt, was sich auch bei der Kostenbelastung auswirkt. Die Strafe wird bei einer Verständigung niedriger ausfallen als sie es im Falle einer Verurteilung ohne vorherige Verständigung täte. Für den Angeklagten hat der Deal daher eigentlich nur Vorteile.

Voraussetzung ist allerdings, dass der Angeklagte im Falle einer streitigen Verhandlung auch verurteilt werden würde. Das ist der Haken. Denn ob es auch ohne Geständnis zu einer Verurteilung gekommen wäre, weiß man natürlich nicht. Man erfährt es auch nicht mehr, weil der Deal ja gerade der Beendigung des Verfahrens dienen soll.

Es bedarf daher in der Regel eines erfahrenen Rechsanwalts und Strafverteidigers, der die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung anhand der Aktenlage einigermaßen beurteilen kann. Das ist ein anderes Thema, dass einen eigenen Beitrag wert ist.

Das Dilemma: Verurteilungswahrscheinlichkeit trotz Unschuld

Das eigentliche Problem ist daher der Fall, dass der Angeklagte zwar seine Unschuld beteuert, eine Verurteilung nach Lage der Akten aber trotzdem wahrscheinlich ist. Das liegt dann zumeist an belastenden Zeugenaussagen oder sonstigen Beweismitteln. Diese Situation ist gar nicht so selten; man sollte sich gewahr werden, dass die Rate der Freisprüche vor Deutschen Gerichten beständig rückläufig ist und derzeit bei 2,5 bis 3 % liegen dürfte.

Der Mandant und sein Verteidiger stehen in dieser Situation beide vor einem Dilemma: Verweigern sie sich der Verständigung droht dem Mandanten eine weit höhere Strafe. Auf seine – häufig nur gefühlte – Unschuld sollte sich hier niemand verlassen. Schon die erwähnt niedrige Freispruchrate spricht dagegen. Was also ist zu tun?

Das hängt sehr vom Verteidiger ab. Ein guter Verteidiger wird seinen Mandanten akribisch über die Unsicherheiten jedes Verfahrens aufklären.

Kein falsches Geständnis!

Den Angeklagten aber, der seine Unschuld beteuert, sollte ein guter Verteidiger niemals zum Geständnis drängen. Die Abgabe eines falschen Geständnisses sollte aus meiner Sicht in keinem Fall in Betracht gezogen werden.

Hier hilft nur eins: Verteidigung.

Messungen mit PoliScan Speed

Geschwindigkeitsmessungen sind für viele Autofahrer ein Ärgernis. Die Messungen mit dem Gerät PoliScan Speed der Firma Vitronic aber sind ein Ärgernis für sich. Wer  vielleicht mit einem solchen Gerät geblitzt wurde, sollte sich nach Möglichkeit von einem Rechtsanwalt beraten lassen, der auf Verkehrsrecht spezialisiert ist.

Das ärgerliche an besagtem Messgerät ist nämlich, dass keiner weiß, wie es funktioniert. Es ist eine „Black Box“. Selbst bei gültiger Eichung weiß man also immer nur, dass das Gerät irgendwie funktioniert, aber eben nicht auf welche Art und Weise. Vielleicht würfelt es. Man weiß es nicht.

Werden Messungen vor Gericht angefochten, ist das ein erhebliches Problem: Richter müssen nämlich eigentlich nachvollziehen können, worüber sie urteilen – und das können sie bei diesen Messungen nicht. Die meisten Amtsrichter haben dieses Problem bisher allerdings elegant ignoriert und wurden von den übergeordenten Oberlandesgerichten darin gestützt.

Anfang des Jahres hat erstmals ein Gericht trotz Messung  einen Fahrer vom Vorwurf der Geschwindigkeitsübertretung freigesprochen. Das Gericht hatte einen Sachverständigen mit der Überprüfung der Messwerte beauftragt. Dieser war zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Überprüfung der konkreten Messwerte nicht möglich sei , da die erforderlichen Daten von der Herstellerfirma aus patentrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung gestellt würden.

Man könne das Mess-System daher nicht als „standardisiertes Messverfahren“ bezeichnen. Bei so genannten standardisierten Messverfahren darf das Gericht auf die ermittelten Messwerte vertrauen, ohne sie überprüfen zu müssen. Dies gilt in der Regel dann, wenn ein Sachverständiger das jeweilige Gerät bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) überprüft habe. Beim Poliscan Speed sei das aus den genannten Gründen jedoch nicht der Fall.

Mit seinem Urteil hat sich das Amtsgericht Aachen gegen mehrere Oberlandesgerichte gestellt, die Messergebnisse dieses Systems ungeprüft hatten durchgehen lassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Streit weiter entwickelt. Einstweilen kann jedem Autofahrer, der mit dem Poliscan Speed geblitzt wurde, nur der Gang zum Rechtsanwalt empfohlen werden.

P.S.: Neuigkeiten zum PoliScan Speed gibt es in meinem blog, wenn sie hier klicken!

 

Rückgewinnungshilfe – Wenn der Staat nach dem Vermögen greift

Wer an Sanktionen im Strafrecht denkt, denkt zumeist an Gefängnis, also an Strafe.

Aber bei der Verfolgung von möglicher Kriminalität hat der Staat noch ganz andere Mittel. Immer beliebter werden dabei die Möglichkeiten der so genannten Rückgewinnungshilfe, auch Vermögensabschöpfung genannt. Wer – zu Recht oder zu Unrecht – in das Visier von Polizei, Steuerfahndung oder Staatsanwaltschaft gerät, sollte in besonderem Maße aufpassen.

Hinter dem etwas ungelenken Wort „Rückgewinnungshilfe“ steckt der Gedanke des Opferschutzes, insbesondere bei Vermögensdelikten wie z. B. Betrug, aber auch bei Korruptionsdelikten (z. B. Bestechung) oder Steuerstraftaten.

Dem mutmaßlichen Opfer solcher Straftaten soll geholfen werden, die Beute aus der Straftat wieder zu erlangen. Dazu werden beim Verdächtigen entsprechende Vermögenswerte gesichert. Steht jemand im Verdacht, z. B. einen groß angelegten Anlagebetrug begangen zu haben, kann die Staatsanwaltschaft dessen sämtliches Vermögen festsetzen, soweit dies vermutlich aus den Betrügereien stammt. Da kann schnell auch mal für das neu erworbene Eigenheim eine Grundschuld im Grundbuch eingetragen werden und das Geschäftskonto gepfändet werden. Das Prinzip ist, dass die „abgeschöpften“ Vermögenswerte spiegelbildlich dem mutmaßlich erlangten Vermögensvorteil entsprechen müssen, den der mutmaßliche Täter durch die Tat erlangt hat. Das kann sogar für ansonsten ganz legale Geschäfte gelten, die aber auf betrügerische Art und Weise abgeschlossen wurden.

Die prozessualen Fachbegriffe für die Rückgewinnungshilfe sind der – nur vorläufige – „dingliche Arrest” und der (endgültige) „Verfall”. Hier ist besondere Vorsicht geboten, denn die Gerichte gehen für diese Maßnahmen von immer weiter sinkenden Verdachtsschwellen aus. Die Voraussetzungen solch eines strafrechtlichen Arrest sind deutlich niedriger als die entsprechenden Möglichkeiten des Privatrechts.

Wer also einer Straftat aus dem Bereich der Korruptionsdelikte (z. B. Bestechung, Vorteilsnahme), der Vermögensdelikte (z. B. Untreue, Betrug), der verbotenen Insidergeschäfte oder einer Steuerstraftat beschuldigt wird, sollte sich auch vor diesen Maßnahmen hüten und frühzeitig fachkundige Hilfe in Anspruch nehmen.

 

Fahrradfahrer auf dem Fußweg

Das Verhältnis zwischen Fahrradfahrern und anderen Teilnehmern am Straßenverkehr ist nicht immer ungetrübt. Fahrradfahrer müssen in Deutschland grundsätzlich die Fahrbahn benutzen; den Fußweg dürfen Fahrradfahrer nur nutzen, wenn dies ausdrücklich erlaubt bzw. vorgeschrieben ist. Aber selbst dann, wenn auf einem Fußweg das Fahrradfahren ausdrücklich erlaubt ist, haben Fahrradfahrer schlechte Karten.

In einem solchen Fall hat das Oberlandesgericht Frankfurt kürzlich entschieden, dass den Fahrradfahrer die volle Schuld trifft, wenn er auf dem Fuß- und Radweg mit einem Fußgänger kollidiert. Der Fahrradfahrer war dicht an einer Hauswand entlang gefahren, als eine Person aus dem Haus auf den Fußweg trat. Durch den Zusammenprall hatte sich die Handtasche der Fußgängerin im Lenker des Fahrrades verfangen, wodurch diese gestürzt war und sich schwer am Kopf verletzt hatte. Der Fußgängerin wurden über EUR 100.000,00 Schmerzensgeld sowie Schadenersatz zugesprochen.

Das Oberlandesgericht war der Auffassung, dass Radfahrer höhere Sorgfaltspflichten treffen als Fußgänger, sie also im Zweifel hinter Fußgängern zurückstehen müssten. Insbesondere wären Fußgänger nicht verpflichtet, sich regelmäßig nach Radfahrern umzuschauen. Fußgänger könnten darauf vertrauen, dass Radfahrer rechtzeitig durch Klingeln auf sich aufmerksam machten.

Für Fahrradfahrer heißt dieses Urteil, dass sie im Zweifel noch vorsichtiger fahren müssen als ohnehin schon. Sie werden sich darauf einzustellen haben.

Im Ergebnis kann das Urteil allerdings nicht vollständig überzeugen. Es ist kaum nachvollziehbar, warum Radfahrer eine höhere Sorgfaltspflicht als andere Verkehrsteilnehmer treffen sollte. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie – wie im geschilderten Fall – gemeinsame Wege benutzen. Warum der Fußgänger hier nicht verpflichtet sein sollte, genauso auf den Verkehr zu achten wie der Radfahrer – das ist mit dem Gesetz nicht ohne weiteres zu erklären.

Für denjenigen, der in einen solchen Unfall verwickelt ist, lohnt es sich also allemal, sich gegen Forderungen zur Wehr zu setzen. Dies gilt umso mehr, als die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung in diesen Fällen nicht eintritt und nicht alle Radfahrer eine private Haftpflichtversicherung haben dürften.